Auf Tournee zu gehen, gehört wohl zu den rustikalsten Ereignissen im eher sensibel-künstlerisch geprägten Leben eines Musikers. Sieht man einmal davon ab, dass der eigentliche Grund einer solchen Reise ja das abendliche Musizieren in vielen unterschiedlichen Städten sein sollte, lässt sich das, was bleibt, leicht zusammenfassen: Eine Horde durchgeknallter Jungs und Mädels tingelt durchs Land. Tag und Nacht. Alle in einem Bus. Ja, man kann es sich insgesamt durchaus vorstellen wie Klassenfahrt. Denn hier zeigt der vielbesungene »Rock‘n‘Roll« sein wahres Gesicht: die temporäre Zeitreise zurück in die Pubertät!
Wie viele Jahre hatte man von diesem Moment geträumt? Und nun war es tatsächlich so weit gekommen! Und auch wenn ASP die erste Tour »nur« als Supportband bestreiten durften: immerhin waren es die befreundeten Umbra et Imago, mit denen getourt wurde. Und dass das Verhältnis nicht Support vs. Headliner war, konnte man schon daran merken, dass Asp den Song Kleine Schwester als Gast mitsingen durfte und vom Publikum sehr freundlich angenommen wurde.
Zum allerersten Mal also auf Konzertreise. Zum allerersten Mal unterwegs in einem Nightliner. Zum allerersten Mal konnte man freudestrahlend verkünden:
»Hurra, wir gehen auf Tour!«
(Das untere Poster)
Und so machten sich also die beiden Jungs aus Frankfurt samt Band und »Family« auf den Weg, die Herzen der Zuschauer zu erobern. Zehn Tage lang durch ganz Deutschland. Mit dem Bus.
ASP Tourbus V.1
12.04. Affalter - Zur Linde
Am ersten Tag herrschten zunächst einmal Chaos und Angst. Wird das alles so klappen, wie man es geplant hat? Wie wird man sich mit der »Hauptband« arrangieren? Wird technisch alles funktionieren? Wie werden die Zuschauer ASP annehmen?
Ob es jetzt die Widerlegung des den Frankfurtern nachgesagten »Zweckpessimismus« oder einfach die übliche Reaktion aufs Lampenfieber war – nach diesem fulminanten Konzert samt Riesenstimmung war klar: Das kann nur eine tolle Tour werden!
Nach dem Gig saß man gemeinsam noch lange beisammen, lachte und schwärmte, genoss die Gastfreundschaft und reichlich das aus der hauseigenen Brauerei stammende, verdammt leckere Dunkelbier des Gasthofs »Zur Linde«.
13.04. Leipzig – Hellraiser
Jeden Tag eine neue Herausforderung. Heute: zum ersten Mal Fremdduschen in einem Musik-Club. Der »Hellraiser« bietet zu diesem Zweck ein Ensemble arbeitsklassischer Gemeinschaftsduschen an, deren rustikales Ambiente alle Sinne inspiriert. Leider.
Freizügigkeit schien allgemein ein gewisser Grundtenor der Tournee zu sein: »Ständig liefen nackte Mädchen im Backstage herum. Wir dachten, wir hätten endlich das erste Stadium des Rockstar-Daseins erreicht und blickten voller Vorfreude in die Zukunft. Leider sollte sich dieser Zustand nicht mehr wiederholen«, hört man aus anonymer Quelle.
Über das Gerücht, während des Gastauftritts von Sänger Asp bei der Umbra-Show hätte man dem Publikum die (frischgeduschten) Hinterteile gezeigt, soll an dieser Stelle aber nicht weiter spekuliert werden.
ASP: schon damals berühmt für ausgefeiltes Artwork!
14.04. Bremen – Tivoli
Der dritte Tag. Sonntag.
Ein wenig Routine ist schon eingekehrt und damit auch die Routine, dass das Publikum jeden Abend gleichermaßen abfeiert. Mitnichten ist der Norden kühl in seiner Reaktion. Nur feiert man in Bremen eben am Wochenende gerne ausgiebig und viel. Und so entgegnet ein Fan den Asp‘schen Anfeuerungen mit einem durchaus ernst gemeinten Zwischenruf: »Es ist Sonntag, wir sind müde!«
Um ehrlich und fair zu bleiben: Auch ASP und ihre Truppe hatten schon ein paar zünftige Nächte hinter sich. Höchste Zeit für einen freien Tag!
15.04. Bremen – Offday
Sport
Der vierte Tag. Kein Konzert, stattdessen ein Tag zum Ausruhen. So der Plan.
Zunächst in der Sauna. DAS hatte Bremen noch nicht gesehen. Was beweist: Alleine am Outfit kann all der Zauber nicht liegen. (Und so manchem männlichen Besucher stand der Neid ins Gesicht geschrieben. Aber nur wegen der Begleitung.)
Asp hat sein erstes Foto-Shooting für ein schwarzes Versandhaus. Das findet er "doof" und seither werden alle Fragen dahingehend strikt abgelehnt.
Dann Bremen angucken. Bei nasskaltem Regen. Schnell entscheidet man sich dafür, lieber beisammen zu sitzen und rumzualbern. Man kichert infantil über zotige Sprüche, fängt an, ein wenig zu resümieren. Ist wirklich alles so perfekt? Die Laune kippt. Aus den Diskussionen werden lautstarke Streitereien. Tourkoller.
Das kommt eben auch in der besten Family mal vor.
16.04. Osnabrück – Works
Normalerweise spielt ja die Körpergröße eines Musikers keine so entscheidende Rolle. Im »Works« in Osnabrück scheint man aber eine gewisse Exklusivität für zierliche Drummer vorgesehen zu haben, da das Schlagzeug-Podest wirklich sehr hoch und nah an der Decke positioniert wurde.
ASP haben Glück. Sie haben Himmi.
17.04. Eisenhüttenstadt – Schleichers
Gothic
Endlich Frühling. Endlich Sonne. Idyllisch präsentiert sich das »Schleichers«, gelegen an einem wunderschönen, begrünten Innenhof. Irgendwer treibt einen Fußball auf. Die Lust auf Luft und Bewegung nach einer Woche Mief und Trief scheint auch den letzten Bewegungsmuffel aus der Reserve zu locken.
Zum Thema Fußball sei noch erwähnt, dass die Jungs von ASP große Freude daran hatten, die im Nightliner installierte Playstation Fußball für sie spielen zu lassen. ASP gegen Umbra. Erstere in schwarzen Trikots, letztere in rosafarbenen.
In Eisenhüttenstadt wurde auch endlich eine schöne Idee in die Tat umgesetzt: Asp, Holger und Max sangen ab dato als Gastchor beim Umbra‘schen Anti-Rechts-Song »Teutonen dieser Welt« mit. Menschlich und musikalisch eine gute Sache!
18.04. Potsdam – Lindenpark
Ein ganz besonderes Gefühl überkommt einen, wenn man die Ehre hat, im »Lindenpark« zu spielen. Hängt dieser Club ja »irgendwie« mit den legendären Inchtabokatables zusammen. Und auch ASP merken, dass hier ein Club von Musikern für Musiker erschaffen wurde. Irgendwie klappt alles, die Anlage ist technisch einwandfrei, das Essen reichlich und lecker. Man ist zufrieden und weiterhin glücklich.
19.04 Erfurt – Centrum
Für die letzten drei Tourtage gibt es Verstärkung. Die Band Tanzwut soll ab diesem Tag mit zur Travelparty gehören. Es wird enger im Backstage-Bereich.
Proben in der Sonne
20.04. Schwerin - Halle am Fernsehturm
Eine gigantische Halle. Ein Riesenbuffet. Saubere Duschen. Ein tolles Konzert. Ein begeistert feierndes Publikum.
Nur knapp entgehen ASP einem kleinen Unglück. Asp erinnert sich:
»Durch die Nosferatour kamen wir auf den Geschmack, was Pyro-Effekte angeht. Der wilde Lutz rettete mich beim ersten Duett vor den bleibenden Schäden einer geschmolzenen Kunstlederhose, mit der ich ohne seine Hinweise auf der Bühne sicher eine dauerhafte Bindung eingegangen wäre, hätte er nicht wilde Grimassen…pardon, unüblich schalkhafte Gesichter gezogen. Lutz, Du hast damals wahrscheinlich meinen Arsch gerettet. Und die Oberschenkel. Und so weiter.«
Chorsänger Max verbrennt sich dann aber doch fies den Hintern. Er hatte eine echte Lederhose an.
Gegen späten Abend macht sich ein wenig Wehmut breit. Es naht der letzte Tourtag.
21.04 Magdeburg – Factory
In manchen Bandkreisen ist es üblich, aus dem letzten Tourtag einen »Foolsday« zu machen. Einen Tag, an dem man sich gegenseitig während der Konzerte mit kleinen, aber bösen Streichen begegnet. So auch hier und heute. So wurde Matzes Verstärker (fiktiv) in Brand gesetzt, Asp am Mikrofonständer festgebunden, die Chorstimmen kurzzeitig mit einem Schlumpf-Tonhöhe-Effekt versehen, alles lustig. Wirklich überrascht aber war Mozart, als während des Songs Kleine Schwester aus dem Sadomaso-Käfig keine seiner Showdamen trat, sondern Himmi. Mit roten Lippen und süßen langen Zöpfen.
An ein weiteres "Highlight" erinnert sich Sänger Asp:
»Nie werde ich vergessen, wie Mozart und ich beim großen Finale vorne auf die Absperrung kletterten, um mit den Fans zu feiern. Damals konnte ich mir das ja noch leisten: Ich hatte unter meiner Jacke nichts an. Ein nett ausschauendes Pärchen vor mir. Die Dame und der Herr sahen sich an, nickten sich zu und jeder der beiden griff sich eine meiner Brustwarzen und drehte kräftig daran. Mir entfleuchen noch heute kleine, wimmernde Geräusche, wenn ich an diesen undelikaten Schmerz denke. Ich krabbelte, unfähig, die Haltung zu bewahren zurück auf die Bühne. Dort stolperte ich in den damaligen Gitarristen Freddy, der sich verwundert nach mir umblickte und mir daraufhin (unabsichtlich) eine mit seinem Gitarrenhals verpasste und mich in ein Rudel Dudelsackspieler beförderte. Diese wiederum reagierten ähnlich verdutzt und eine Sackpfeife und mein Kopf schlossen auf schmerzhafte Weise Bekanntschaft. Seit diesem Abend habe ich nie wieder Flipper gespielt, aus Mitleid mit der Kugel.«
Live!
Zum großen Finale betraten dann alle Beteiligten noch ein allerletztes Mal die Bühne und ließen sich vom Publikum feiern. Eine tolle Tour war zu Ende. Feiern, Packen, Abfahrt.
Und noch auf dem Weg Richtung Heimat kam die sehnsüchtige Frage auf:
»Wann gehen wir wieder auf Tour?«